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Zwölf Radfahrer-Typen

Welcher Radfahrtyp bin ich?  Bild: Deutsche Fotothek. CC BY-SA 3.0. Wikimedia Commons.

Helden sind sie alle, die Radfahrerinnen und Radfahrer.  Aber man darf nicht alle über einen Kamm scheren, die sich in den Sattel schwingen, denn dafür sind die Charaktere  viel zu unterschiedlich. Radfahrer ist nicht gleich Radfahrer! Eine Übersicht der 12 wichtigsten Radfahrer-Typen:

1. Der Urban Fighter

Er ist der Schrecken der Autofahrer und der Fahrradstaffel der Polizei. Ausschließlich in der Großstadt anzutreffen ist der Kampfradler, der Urban Fighter, der Fahrrad-Rambo.

Urban Fighter bremsen nicht!

Das Motto des Urban Fighters heißt: Ich bremse nicht. Staus sind für den Urban Fighter eine Challenge, besonders wenn er sich als Fahrradkurier seine Brötchen verdient. Je dichter der Verkehr, desto trickreicher erkämpft er sich gegenüber den Autos seinen Platzvorteil. Ampeln und nicht für Fahrräder freigegebene Einbahnstraßen ignoriert er gelegentlich. Bettelampeln empfindet er als persönliche Beleidigung. Der Urban Fighter bringt sich und andere in brenzlige Situationen und macht auch vom Mittelfinger Gebrauch. Allerdings ist er sich, wie die Defense-Queen, der Gefahren sehr bewusst.

2. Die Defense-Queen

Die im Stadtkehr heimische Defense-Queen ist der Gegenentwurf zum Urban Fighter. Sie hält sich an alle Regeln. Auch an Bettelampeln mit 5 Minuten Wartezeit verharrt sie tapfer.

Defense-Queens bremsen immer!

Die Defense-Queen bremst immer. Sie hält sich auch dann an die Regeln, wenn Sie deshalb ständig warten und absteigen muss. Häufig anzutreffen ist die Defense-Queen als Leiteinheit eines Mama-Kind-Gespanns, in unterschiedlichen Variationen. Der Nachwuchs der Defense-Queen befindet sich auf dem Kindersitz, im Kinderanhänger oder mit dem eigenen Fahrrad auf dem Bürgersteig.
PS: Natürlich sind auch Defense Kings unterwegs – umsichtige Väter mit Nachwuchs.

3. Die Selbstbewusste

Die Selbstbewusste kennt die Straßenverkehrsordnung  und pocht auf die Einhaltung. Mit ihr haben Autofahrer, die „schon immer so fahren“, nicht gut Kirschen essen.

Selbstbewusste bestehen auf Einhaltung der StVO!

Die Selbstbewusste lässt sich nicht in Dooringzones drängen und verpatzt den Eng-Überholern die Gelegenheit, indem sie in der Mitte der Straße fährt. Wichtige Accessoires sind für Herren die Airzound-Hupe, für Damen die Poolnudel. Selbstbewusste fahren in der Fahrradstraße auch gerne nebeneinander, um sich in Ruhe zu unterhalten – sehr zum Ärgernis von Autofahrern, die noch Nachhilfe zu den Verkehrsregeln benötigen.

4. Der Hollandradler

Hollandradler mögen es gemütlich. Sie haben Ruhe und Zeit. Rad ist von 1974, fährt aber immer noch tadellos. Nur im Kettenkasten klappert es ein bisschen.

Hollandradler haben Zeit.

Hollandradler sind gemütliche Gesellen, denn sie haben Zeit. Anzutreffen sind sie im suburbanen Freizeitverkehr. Was sie auszeichnet, ist ihre langsame Fahrweise. Ausschließlich in Grünanlagen und Naherholungsgebieten heimisch ist der Hollandradler mit Hund an der Leine. Falls Sie einem Hollandradler begegnen, halten Sie genügend Abstand und erschrecken Sie ihn nicht. Tipp: Der Hund ist zwar nicht gefährlich, aber umso mehr die Leine!

5. Der Umsteiger

Umsteiger kennen die Straße nur aus Autofahrer-Perspektive. Und so benehmen sie sich auch. Die eingebaute Vorfahrt haben sie aus ihrer Daimler-Zeit einfach mitgenommen.

Umsteiger waren früher Mercedesfahrer. Jetzt sind sie Radfahrer.

Der Umsteiger ist ein Neu-Radfahrer, sprich ein ehemaliger Autofahrer. Anzutreffen ist er in Vorstädten und auf Velorouten. Der Umsteiger im Alter von 60+ fährt ein Pedelec. Als gelernter Automobilist verlässt er sich darauf, dass ihn Helm, Warnweste und die Verkehrsordnung schützen. Für dieses Vertrauen zahlt der Umsteiger einen hohen Blutzoll. Deutlich weniger gefährdet ist der professionelle Umsteiger. Er besucht zunächst einen Kurs, bevor er sich nach jahrzehntelanger Fahrrad-Abstinenz in den Sattel schwingt. Häufig anzutreffen ist der Umsteiger in Mamil-Gruppen.

6. Der Fahrrad-Geek

Fahrrad-Geeks sind die Freunde der Fahrradhändler. Und der Elektronik-Händler. Sie fahren nicht, sie navigieren. Dank überlegener Technik haben Fahrrad-Geeks die Lage jederzeit im Griff. Angst haben sie nur davor, dass ihre Akkus den Geist aufgeben.

Der Fahrrad Geek kennt nur eine Angst: Dass die Akkus versagen.

Der Fahrrad-Geek ist auf Vorstadt-Radwegen und im Gelände heimisch. Er ist der Freund jedes Fahrradhändlers. Sein limitiertes Modell stammt aus einer heimischen Fahrradmanufaktur, aber als Sattel kommt aber natürlich nur ein Brooks in Betracht. Gut aufgeteilt hat der Fahrrad-Geek den Platz am Lenker, dort befinden sich das neueste GPS-Navis und zwei Handy-Halterungen. Für’s erste Handy hat er immer eine Powerbank dabei, damit die Strava-App auch jeden gefahrenen Meter dokumentiert. Auf dem zweiten Handy läuft Komoot. Die Luftpumpe des Fahrrad-Geeks verfügt über ein integrieres Manometer. Und natürlich fährt ein echter Fahrrad-Geek immer mit Helmkamera und Open-Bike-Sensor.

7. Der Velosoph

Ein Philosoph auf einem Fahrrad wird auch Velosoph genannt. Der Velosoph fährt nicht, er pedaliert. Das Ankommen ist ihm dabei nicht so wichtig wie das Fahren. Über Umwege ärgert sich der Velosoph nicht. Für ihn sind es Erfahrungen.

Der Velosoph: Ich fahre, daher bin ich!

Auf allen gemütlichen Routen anzutreffen ist der klassische Fahrrad-Philosoph, kurz der Velosoph. Der klassische Pedalist sitzt gelassen auf seinem Vintage-Bike, vorzugsweise einem Pedersen, und ist mit sich und der (Fahrrad-) Welt im Reinen. Aus der Ruhe zu bringen ist er nur dann, wenn die Vorräte in seinem Picknick-Korb zur Neige gehen.
Nicht ganz so gemächlich unterwegs wie der klassische Velosoph ist der junge und wilde. Er bewegt sich im Frankfurter Bahnhofsviertel, bevorzugt das Fixie und liest zwischen den Fahrten Rimbaud und Nietzsche.

8. Der Tretharley-Rocker

Der wahre Rocker fährt Harley. Tretharley. Er mag Schweiß und Schweißen, Heavy Metal und Heavy Bikes. Je mehr Motorradteile seine Maschine zieren, desto besser.

Born to be wild!

Der Tretharley-Rocker ist auf Cruiser-Festivals heimisch. Er fährt ein Customized Bike mit selbst geschweißtem Stretch-Rahmen. In der Kurve berühren die Pedale seines Lowriders die Straße und schlagen Funken.
Faust-auf-Faust begrüßt der Rocker seine Kameraden im Ridaz-Club. Tipp für Beitrittswillige: Das Badge für die Kutte muss von einem Hangaround erst verdient werden. Schneller akzeptiert ist ein Chopperfahrer, der eine Black-Eight-Kugel als Ventilkappe oder Motörhead-Konzertkarten vorweisen kann. Und natürlich ist der Tretharley-Rocker trinkfest. 1,6 Promille kommen da schon mal zusammen.

9. Der Radsportler

Das Motto des wahren Radsportlers heißt: Wer pinkeln muss, hat noch nicht genug geschwitzt. Er schindet sich, bis die Sponsorengelder auf sein Konto eintrudeln.

Keine Gnade für die Wade!

Vor allem auf der Landstraße anzutreffen ist der Sportler. Für ihn ist jede Fahrt eine Trainingsfahrt. Sein aerodynamisches, nicht ganz billiges Sportgerät ist aus Carbon. Das Rennrad wurde im Windkanal getestet und lässt sich mit zwei Fingern anheben. Mutig zeigt der Sportler bei der Auswahl seiner Kleidung. Man erkennt ihn auch ohne Fahrrad, denn er trägt sein Neontrikot und die zwei Nummern zu kleine, hautenge Radlerhose auch im Alltag. Seine Gelpolster-Handschuhe streift er schon vor dem Morgenkaffee über.

10. Der Discoradler

In den Club hat der Discoradler wegen seines Outfits keinen Zutritt. Bei Radlerhosen kennen die Türsteher nämlich kein Pardon. Aber das ist ihm egal. Seine Leidenschaft lebt der Discoradler dann eben auf der Critical Mass aus.

Ich blinke, daher bin ich!

Der Discoradler, an der gelben Weste leicht identifizierbar, ist im urbanen Raum heimisch. Weitere Kennzeichen sind die USB-LED-Lichter vorne, hinten und am Kopf. Außerdem trägt er diverse Klettbänder und Reflektorstreifen. Beliebt ist der der Discoradler auf dem Cruise, der Sternfahrt und der Critical Mass. Dann aktiviert er nämlich den Blinkmodus und beschallt die Meute aus seiner Boombox mit Queen (Bicycle Race), Achim Reichel (Fahrrad fahr’n) und Max Raabe (Fahrrad fahr’n). Der Traum des Discoradlers ist das eigene Soundbike.

11. Die Aktivistin

Die Lieblingsroute der Aktivistin führt quer durch die Stadt: Von der Unterschriften-Sammelstelle beim ADFC bis zum Termin im Rathaus. Der Bürgermeister lässt sich manchmal vor ihr verleugenen, aber die Aktivistin findet ihn trotzdem. Sie ist nämlich mit seiner Sekretärin per Du. Der Radentscheid lebt und stirbt mit der Aktivistin.

Unterschreibt ihr hier mal bitte?

Die Aktivistin ist in Nebenzimmern von Gaststätten und in Vereinsräumen zuhause. Sie war damals schon dabei, 1979 in Bremen bei der ADFC-Gründung, und hat am ersten Nationalen Radverkehrsplan mitgeschrieben. Heute ist sie beim Radentscheid aktiv. Trotz Bedenken, wegen Datenschutz und Überwachung, hat sie sich einen Computer zugelegt (mit Linux) und in Twitter und Slack eingefuchst. Unter freiem Himmel trifft man die Aktivistin am Redner:innenpult bei der Fahrraddemo und als menschliches Schutzschild bei Aktionen. Die Aktivistin steht tapfer auf dem Radstreifen, um aggressive Autofahrer abzuhalten. Sie geht aber auch gegen Feinde in den eigenen Reihen vor, ein Gräuel sind ihr die Lachsradler.

12. Der Spezialist & Velonaut

Der Spezialist unterhält sich am liebsten mit anderen Spezialisten. In Germersheim kennen sie ihn alle. Sobald er es sich finanziell leisten kann, steigt er aus seinem Brotberuf bei VW aus und bringt sein eigenes Velomobil auf den Markt. So hat er es mit 30 gesagt, und mit 40. Jetzt ist er 50, aber einen alten Bauernhof als Fabrikgelände hat er schon im Auge.

Dem Ingenieur ist nichts zu schwör.

Der Spezialist ist auf der Spezialradmesse in Germersheim und in freier Wildbahn je nach Gerät an unterschiedlichen Orten anzutreffen. Der Liegeradfahrer ist auf Touristenrouten heimisch, der Faltradfahrer in der Deutsche Bahn und der Cargobikefahrer im Urban Jungle. Der Velomobil-Pilot ist auf der Landstraße und vor dem Eiscafe heimisch, wo er sein Gefährt den Passanten präsentiert, die ihn mit großen Augen umringen.

Achtung: bei Gesprächen mit Spezialisten ist Vorsicht geboten. Wer sich auf eine Diskussion über das beste Faltrad einlässt, lernt die Fanboys von Brompton bzw. Birdy schnell von ihrer militanten Seite kennen.

Der Vollständigkeit halber seien auch noch diese Fahrradhelden erwähnt: Einradfahrer, E-Biker, Bonanzaradler, Radpolo-Spieler, Tandemfahrer, Gravelbiker, Mountainbiker, Dirtbiker, Radballspieler, Kunstradfahrer, Bahnradfahrer, Triathleten, BMX-Radler, Downhiller, Steher und Klappradfahrer. Und Drama-Queen. Habe ich jemand vergessen?

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3 Gedanken zu „Zwölf Radfahrer-Typen

  1. (1/3), 9, 11: hier finde ich mich wieder😅

    1. Ich versuche, mehr 7 zu werden, bleibe dann aber doch im 1-Stadium… 8 bin ich auch ab und zu, bei den Fulle Ridaz in Kassel. 😉

  2. […] In fact, there are many types of cyclist, each requiring very different needs. A number of studies have tried to categorise these types. A 2013 Montreal study, for example, divided cyclists into 4 types – dedicated cyclists, path-using cyclists, fairweather utilitarians, and leisure cyclists. Similarly, the German cyclists’ club ADFC classified peoples’ attitudes to cycling (both cyclists and non-cyclists) under 4 categories : strong and fearless, enthusiastic and convinced, interested but concerned, and totally disinterested. And in 2018 another German observer of cyclists even came up with 12 types of cyclist! […]

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